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  • deinos5

Vortrag: Materialistische Deutungen von Auferstehung und Erlösung in der kritischen Theorie



Als Reaktion auf den Tod Kracauers schreibt Bazon Brock 1967: »Der Tod muß abgeschafft werden, diese verdammte Schweinerei muß aufhören. […] Der Tod Siegfried Kracauers ist wie jeder ein ungeheuerlicher Skandal, gegen den ich protestiere.« Solches Aufbegehren richtet sich gegen das ideologische »Einvernehmen mit dem Tod« (Marcuse). Für das utopische Bewusstsein ist die Abschaffung des Todes »nicht etwas Schreckliches«, sondern das, »was man eigentlich will« (Adorno). Kritische Theorie ist zugleich solidarisch mit den Lebenden, deren Leiden sie im Diesseits abschaffen will, und hellhörig für »das stumme Plädoyer der Toten« (Kracauer). Kontroversen über die Abschaffung des Todes führt die kritische Theorie seit ihren Anfängen. Der Vortrag fragt danach, warum und wie sich theologische Motive wie die »Auferstehung des Fleisches« als Konvergenzpunkte von Theologie und Materialismus verstehen lassen – und warum Adorno zufolge die Auferstehung der Toten »auf dem Autofriedhof« stattfinden müsste. Historisch rückblickend lässt sich fragen, ob der Tod tatsächlich »die härteste Gegenutopie« (Bloch) darstellt, oder ob diese in der nationalsozialistischen Todesmaschinerie schon verwirklicht wurde. Für die überlebenden kritischen Theoretiker wird angesichts dessen die jüdisch-messianistische »Hoffnung auf Erlösung, die wir für die Toten hegen« (Benjamin) umso fragiler, die Notwendigkeit der erinnernden Solidarität mit den Opfern umso dringlicher.

● Leonie Wellmann promoviert an der Goethe-Universität Frankfurt über das Verhältnis von Sprachkritik, Theologie und Literatur bei Adorno, Benjamin, Kracauer und Scholem.


● Die Veranstaltungsreihe wird vom AStA der Universität zu Köln gefördert.

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